b.e.w – trifft Thomas Schanz

Während meines Aufenthaltes bei MYTHOS MOSEL 2015 hatte ich das große Vergnügen, den **Sternekoch Thomas Schanz in Piesport zu besuchen, ihn zu interviewen und dieses Menü zu verkosten.
Menü beim **-Sternekoch Thomas Schanz vom SCHANZ Restaurant in Piesport an der Mosel
MODERN INTERPRETIERT – HARMONISCH KOMBINIERT
Herr Schanz, ich habe während meines Aufenthaltes an der Mosel festgestellt, dass sich auch kulinarisch einiges getan hat. Die Küche ist jung, frisch, modern und dynamisch.
Das alles macht mich natürlich sehr froh – die Mosel gibt Gas, sie zieht unheimlich an. Ich bin genau in der richtigen Region groß geworden und es ist schön wieder nach Hause gekommen zu sein. Ich lebe in einer Region, die im Aufbruch ist, es tut sich unendlich viel hier. Und es wird immer besser, man wird sicher künftig noch viel von uns hören. Das sehen wir ja auch an der Klasse der Weine – das ist großartig…
Was ist passiert? Wer waren die Imitatoren, wer spielt da eine bedeutende Rolle?
In den 80er Jahren gab es sehr viel Fassware an der Mosel, der Preis ging runter und die Winzer mussten sich überlegen wie sie ihren Wein noch verkaufen konnten. Das ging nur über Qualitätssteigerung und über die Außendarstellung der Region. Heute sieht man, dass jeder Winzer eine tolle Werbung macht und sich nach außen gut darstellt. Das war vor 10 – 15 Jahren noch nicht der Fall. Der Zwang zur Selbstvermarktung puscht die Region… Jeder muss sich mehr Mühe geben und tut das auch.
Der Wein wird im Weinberg gemacht und die Speise in Ihrem Kopf aus Ihren Erfahrungen heraus. Ihr Portfolio ist außergewöhnlich wie wir heute feststellen durften. Was können Sie anders als andere, was machen Sie mehr und was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal hier an der Mosel?
Schwere Frage, was mache ich anders? Ich koche das, was mir selbst schmeckt und lasse mir nicht diktieren, das ich der Regionalste hier sein muss. Ich koche das, was mir am besten schmeckt, wo ich sagen würde: Das ist für Dich was Besonderes. Es ist schon mal eine gute Basis, wenn man sich nicht verbiegen lässt. Ansonsten traue ich mich natürlich was. Die jüngere Generation der Köche fühlt sich nicht abhängig von den Dogmen, dass man das eine so machen muss und das andere so. Mein Handwerk habe ich bei richtig großen Köchen erlernt und jetzt versuche ich da neue Aromen mit einzubringen und meinen eigenen Spannungsbogen aufzubauen. Nicht kopieren, sondern einen eigenen Stil zu entwickeln, das ist auch für mich persönlich spannend und macht Spaß.
Billy Wagner in Berlin mit seinem Lokal Nobelhart und Schmutzig ist radikal anders – nimmt kein Salz oder Pfeffer und ist brutal regional, saisonal. Bestimmt bei Ihnen die Natur, was auf die Karte kommt oder nutzen Sie den ganzen Planeten ohne Einschränkung?
Die Natur bestimmt das auf jeden Fall. Mein Gemüse hole ich zu 90% aus der Region. Ansonsten ist auch vieles saisonal und regional bei mir. Aber ich will das nicht übertreiben oder den Bogen überspannen. Die besten regionalen Produkte habe ich allesamt auf der Karte. Das sind die Weine – dafür sind wir bekannt. Deshalb – das Regionale habe ich schon, aber wenn ich einen tollen Steinbutt bekommen kann, der topfrisch ist und ich den mit dem regionalen Gemüse verbinde und eine spezielle Soße dazu mache, die eher karibisch ist und das als Gesamtes harmonisch ist, habe ich mein Ziel erreicht. Wenn ich beispielsweise nur den Wacholder aus der Region verwenden würde, dann bin ich schwer eingeschränkt. Sie gehen sicher auch in den Supermarkt und kaufen bewusst, worauf Sie Lust haben. Wenn ich so sehr eingeschränkt bin, was bringe ich dann zum Beispiel im Winter auf den Teller? Nur Eingemachtes – das hat keinen Reiz für die Gäste. Dafür fahren sie nicht mehrere Kilometer zu mir, denn das können sie auch zu Hause haben. Ich versuche immer, den Spannungsbogen oben zu halten.
Sind Sie jemand, der alles verwertet oder kaufen Sie selektiert per Katalog?
Nein, ich verwerte schon alles. Ich bin ich einer der wenigen Sterneköche, die selbständig sind. Da muss ich Kalkulieren, intelligent kochen und nur das Beste auf den Teller bringen. Reste gibt es nicht. Es gilt immer Soßen, Brühen und Fonts anzusetzen. Es steht kein Mäzen im Hintergrund der sagt: kauf nur das Beste und alle 3 Tage kannst du den Rest wegwerfen und neu produzieren. Das würde mir auch von meiner Persönlichkeit her keine Freude machen.
Weniger ist mehr, oder jedes Produkt braucht Schmuck und Deko? Ihr Dessert beispielsweise war ein Kunstwerk mit Schmuck und Deko.
Das sollte meine Küche auch sein – ich präsentiere für das Auge ansprechend – dennoch muss alles auf dem Teller einen Sinn haben. Aromen sind für mich Schmuck. Zum Beispiel ein Steinbutt mit Kresse – ein aromenreiches Gericht – und dazu ein regionaler Sauvignon Blanc mit floralen Aromen ergänzen sich gut. Lesen Sie meine Karte, irgendwo versuche ich immer mit den Gerichten was zu erzählen. Seezunge mit Paella-Aromen – es soll ja irgendwo für meine Gäste ein Erlebnis sein. Mein Ziel ist, sie sollen in jedem Gang etwas Neues finden.
Welche Rolle spielt für Sie die kreative Weiterentwicklung?
Eine sehr große – das hat viel mit Spaß zu tun, denn Weiterentwicklung ist ein Selbstläufer. Wenn ich eine Karte habe und an der nächsten arbeite, habe ich immer den Anspruch etwas zu verbessern. Ich entwickle kein Gericht, das dem letzten irgendwie nachsteht. Ich will mich immer verbessern und meinen Horizont erweitern, dabei denke ich gar nicht immer an Sterne. Es bereitet mir selbst große Freude wenn ich sehe, dass es funktioniert.
Das ist sehr unterschiedlich und von der Idee abhängig. Ich bin schon ein Kopfschmecker, ich habe eine Vorstellung was ich gerne mache. Manchmal probiere ich etwas aus und sage „Das ist es!“ oder „Das hast du dir reizvoller vorgestellt. Da fehlt was.“ Und dann bin ich auf der Suche nach dem Fehlenden. Ich frage mich „Macht es Sinn dran zu bleiben oder verwerfe ich das ganze Gericht?“ Wenn es aber dann doch soviel Klasse hat, dass ich sage, da fehlt ein Quäntchen, ein Kick, vielleicht ein Gewürz, dann gehe ich auf die Suche, schaue was ich habe und experimentiere.
Sind Sie dabei alleine oder im Team?
Wir arbeiten im Team, aber die Richtung gebe ich vor. Das ist wichtig… ich probiere viel aus. Mein Team ist mit sehr jungen Köchen bestückt, die noch gerne lernen und auch Ihre Ideen einbringen. Ich erwarte nicht, dass sie komplette Gerichte entwickeln, dennoch sollten sie immer alles probieren und ihre Meinung dazu sagen.
Woher nehmen Sie Ihre kreativen Ideen?
Das baut aufeinander auf. Ich bin manchmal überrascht, wie das kommt. Man hat ja schon viel probiert. Das ist wohl wie beim Journalismus – je mehr man schreibt, umso besser wird man. Wenn ich viel probiere und mich den ganzen Tag nur mit Essen auseinandersetze, dann erweitert das natürlich in dem Bereich auch meinen Horizont und meine Sensorik wird feinfühliger. Ich schmecke viel mehr raus und traue mich auch was zu kombinieren. Beispielsweise habe ich ein Dessert mit Säure und dann kommt ein Fisch, dem die Säure fehlt. Ich übernehme dann die Säure aus dem Dessert. Manchmal ich gehe auf den Großmarkt und sehe etwas, was ich nicht kenne oder noch nie eingesetzt habe, dann probiere ich das einfach aus. So habe ich kürzlich in einem besseren Supermarkt frischen Kurkuma gefunden. Jetzt bin ich gespannt, wie ich den verarbeiten kann, ob ich den blanchiere, zu einem Fleisch gebe oder ob das ganze zu heftig ist. So entwickelt sich meine Küche.
Sind Sie der Feingeist im Küchenatelier oder der Handwerker?
Ach, das sollen lieber die Anderen beurteilen (und lacht).
Und als was würden Sie sich denn gerne sehen?
Schon der Geist, aber ich muss voll mitarbeiten (lacht wieder). Das größte ist für mich, wenn ich selbst noch am Posten mit kochen kann.
Machen Sie das? Dann ist das Ihre Handschrift, die wir heute auf dem Teller haben?
Ja.
Wie groß ist Ihr Team?
Immer zwischen 5- 6 Mitarbeiter.
Wie entstehen neue Gerichte und welche Rolle spielt die Zeit dabei?
Ich habe Tage, da bin ich unglaublich kreativ und könnte 3 – 4 Gerichte entwickeln. Da reicht mir die Zeit gar nicht zum Ausprobieren, da es mir unheimlich leicht von der Hand geht. Es gibt aber auchTage, da lass ich lieber die Finger davon. Denn dann ist es gewollt, verkrampft und es kommt nichts dabei rum. Das ist die berüchtigte Tagesform. Das heißt aber nicht, dass wir an dem Tag schlechter kochen.
Gibt es unkreative Wochen und wenn ja, wie überbrücken Sie die?
Wochen sind es zum Glück nie, es sind wenn überhaupt nur Tage. Dann koche ich das, was ich gut kann. Dadurch komme ich in meinen Rhythmus und erde mich wieder. Sie dürfen sich das nicht so krass vorstellen, wie es sich anhört. Schon mi nächsten Moment sprühe ich vor lauter Ideen…
Herr Schanz, gute Weine gibt es zu welchem Preis?
Das ist Geschmackssache. Das liegt immer im Auge des Betrachters.
Und wie sieht es für Sie, Ihr Haus und Ihren Anspruch aus?
Ich will das wirklich nicht am Preis festmachen. Es gibt tolle Weine, gerade auch hier an der Mosel, die sind weit unter 10 € angesiedelt und großartig. Deswegen würde ich nicht sagen, ein guter Wein muss 15 € kosten.
Wie suchen Sie Ihre Weine aus?
Wir probieren die Weine im Team mit unserem Sommelier. Jeder darf seinen Senf dazu geben und wir überlegen uns ob es Sinn macht den Wein dann auf die Karte zu nehmen. Ist er eine gute Ergänzung oder haben wir schon einen ähnlichen Wein? Unser Ziel ist es die Weinkarte intelligent weiter zu entwickeln. Sie ist sehr regional und das ist gut so.
Meine letzte Frage Herr Schanz, was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Das Übliche – Gesundheit, Erfolg, Glück und natürlich immer gute Ideen.
Vielen Dank, Thomas Schanz für die kulinarisch wertvollen Stunden…