b.e.w trifft – Romana Echensperger MW – Master of Wine

Anfang September 2015 machte es die Runde: Deutschland kürte 3 neue Master of Wine – ein Novum! Damit haben mittlerweile 8 deutsche Weinexperten den begehrten Titel, die schwierigste Herausforderung in der Weinwelt. Ich traf Romana Echensperger, die jüngste deutsche Master of Wine (MW) zu einem launigen Interview.
Ich kenne Romana Echensperger schon einige Jahre aus der Weinwelt.Wir sind beide Mitglied bei Vinissima – das Branchennetzwerk für Frauen im Wein. Ihre Vorträge und geführten Verkostungen sind inspirierend, lehrreich und immer wieder von hohem Wissen geprägt. Wir trafen uns in ihrer Heimatstadt Bergisch Gladbach und ich fand eine veränderte Frau vor! Romana strahlte Eleganz, Stolz und Selbstverständnis aus. Sie ist scheinbar erwachsener geworden, gereift und in sich ruhend. Aus dem Kumpel aus Bayern ist eine Frau von Welt geworden.
Und klar – zunächst gratulierte ich ihr zum großen Erfolg, nicht ohne eine gehörige Portion Anerkennung und Respekt! Und ich spürte sehr deutlich, dass sie die große Welt der Weine erfahren hat!
Ihre Vita liest sich zunächst wie die einiger anderer Kollegen aus der Gastronomie. Klassische Ausbildung zum Sommelier in guten Häusern. Was war auf Ihrem Weg nach ganz oben die Initialzündung?
Geprägt haben mich meine Ausbilder im Hotel Königshof in München. Die Familie Geisel sind fantastische Gastronomen und führen ein besonders gutes Personalmanagement. Ich hatte erfahrene Menschen um mich und mein damaliger Mentor war Mâitre Manfred Friedel. Er hat mich immer wieder gute Bordeaux- und Burgunderweine probieren lassen, die Aufmachung und das ganze Drumherum haben mich fasziniert, es kam eines zum anderen und das Interesse von ganz alleine.
Dazu kommt, dass ich von zu Hause aus schon sozialisiert war. Mein Vater hat immer gerne guten Wein getrunken und diese Tradition gepflegt.
Was können Sie den heutigen Ausbildern in der Gastronomie empfehlen?
Wir brauchen mehr Mut zur Elite. Das Fordern und Fördern fehlt in vielen Bereichen. Die Gastronomie sollte unbedingt mehr Führungskräfte haben. Menschen, die als Mentoren fungieren, damit die jungen Leute mehr Disziplin und Durchsetzungsvermögen lernen. Es müssen Standards gehalten und Menschen motiviert werden. Sie müssen geformt und geleitet werden, um das Beste aus ihnen herauszuholen. Dieses joviale, schwammige „wir sind alle gleich“ ist mir fremd.
Was ist die Voraussetzung für die Zulassung zum MW?
Entweder ein Önologie-Studium, den WSET – also den Weinakademiker, Menschen aus der Praxis. Es wird auch zunehmend schwieriger sich einzuschreiben. Damit will das Institute of Master of Wine vermeiden, dass es zu viele „passive“ Studenten gibt.
Was ist die wichtigste Voraussetzung für dieses Studium?
Der MW ist ein Studium, das überwiegend von zu Hause bewältigt wird. Das heißt, Sie brauchen als erstes Disziplin! Das war für mich eine große Herausforderung
Warum Master of Wine? Was hat Sie dazu veranlasst?
Ganz einfach – ich wollte schon immer eine Profession bis zum Ende der Möglichkeiten machen. Sagen können: Das habe ich jetzt und mehr geht nicht. Ich wollte an meine Grenzen gehen.
… die da wären?
Zum Beispiel die Blindproben – die können sehr demütigend sein. Sie glauben nach wochen- und monatelangem Training, dass der Wein den sie blind verkosten ein Chablis ist. Und dann kommt raus, dass es sich um einen Sancerre, also Sauvignon Blanc handelt. Das heißt, sie haben nicht nur die Region falsch, sondern vor allem die Rebsorte. Und sie hätten ihr ganzes Vermögen darauf verwettet.
Sie kommen aus der Gastronomie. Warum haben Sie sich für den Master of Wine entschieden und nicht wie Ihre Sommelier-Kollegen für den Master Sommelier?
Ohne mich mit dem Master Sommelier auseinander gesetzt zu haben, hat mich das breite Spektrum beim MW fasziniert. Beispielsweise kann man einen Zinfandel White Blush genauso fokussiert und konzentriert probieren und bewerten wie einen Chateau Haut Brion. Die Weinwelt ist vielfältig, es gibt nicht nur 15€-Weine und teurer. Der Markt funktioniert eben ganz anders, man lernt beim MW auch die Businessseite des Marktes kennen. Mich hat immer schon das Praktische fasziniert, auswendig lernen liegt mir nicht. Ich muss lebendiges Wissen haben und es anwenden können. Da hat mich das Angebot beim Institut einfach überzeugt.
Wie lange haben Sie für Ihr Studium gebraucht?
Man kann das Studium in 3 Jahren absolvieren, aber das schaffen die allerwenigsten. Ich habe 5 Jahre gebraucht. Praxis und Theorie habe ich gleich bestanden. Meine größte Hürde war der Dissertationsprozess, da ich keine klassische Universitätsausbildung habe. Hinzu kam, dass ich mich anfänglich in das Thema „Biologisch, biodynamischer Weinanbau“ verbissen hatte. Das Institut hatte Bedenken, da es noch nicht genügend Literatur und wissenschaftliche Ergebnisse darüber gibt, um eine fundierte Recherche machen zu können. Dennoch habe ich in dieser Zeit sehr viel über dieses Thema gelernt und möchte es auch nicht missen. Letztlich habe ich mich für ein anderes Thema entschieden und hatte auch hier einen guten Mentor, der mich vor allem in der Erstellung des Resaerchpapers wesentlich unterstützt hat: Jean-Michel Valette.
Über was haben Sie stattdessen geschrieben und warum?
Ich habe über Premium-Silvaner aus Franken geschrieben. Ich komme gebürtig aus Bayern und ich war immer Fan dieser wohl am meisten unterschätzten Rebsorte. Silvaner kann so sophisticated und vielschichtig sein, ist ein hervorragender Speisenbegleiter und vielseitig einsetzbar – er wird leider oftmals auf „Spargelwein“ reduziert. So habe ich mich zur Cheerleaderin für den Silvaner gegen das Riesling-Regime aufgeschwungen.
Wo waren Sie und was haben Sie dann getrunken, als Sie die guteNachricht erhielten?
Ich war bei meiner 83-jährigen Oma Therese in der Nähe von München. Meine Eltern wohnen im Outback von Bayern, wo es kein Internet und große Probleme mit dem Mobilfunk gibt. Um 8.22 h am Morgen kam der erlösende Anruf aus London. Die Freude war groß und meine Oma holte schnell einen Schaumwein aus dem Kühlschrank: einen Rotkäppchen- Sekt, den hatte sie vor 6 Jahren wohl zum Geburtstag geschenkt bekommen und sollte für eine besondere Gelegenheit aufgehoben werden. Damit habe ich auf meinen Master of angestoßen. Am Abend gab es dann natürlich auch große Silvaner in der Familienrunde.
Betrachten wir die berufliche Seite des MW. Wer braucht das Wissen des Masters? Wo liegen Ihre Aufgaben?
Zum Beispiel in der Qualitätssicherung. Viele Supermärkte bedienen sich des großen Wissens der MW’s zur Qualitätssicherung ihres Weinangebotes und um Qualitätsstandards zu halten. Ich arbeite seit geraumer Zeit viel für das IWI, International Wine Institute in Bad Neuenahr. Weiterbildung für Endverbraucher ist ebenso das Thema wie Lehrbriefe für die Sommelierausbildung. Weiterhin arbeite ich für das Deutsche Wein Institut (DWI) und für Demeter. Es gibt viele Felder, wo der MW gebraucht wird. Dazu kommt Netzwerken und der Umgang mit jungen Menschen, einfach das Netzwerk der Zukunft pflegen. BEW: Welches ist Ihr Lieblings- Weinland? ER: Ich finde Deutschland nach wie vor sehr spannend. Wir haben eine enorme Entwicklung, die lange noch nicht abgeschlossen ist. Ansonsten habe ich kein Lieblingsland – ich mag so viele Weine und Weinstile. Beispielsweise bin ich großer Fan von Neuseeland oder Neue Welt- Weine und Kaliforniern. Ich mag diese völlig lebensfreudigen, fetten Weine, die kleckern nicht und wollen auch nicht bescheiden sein. Die hauen richtig auf den Putz – auch das finde ich mal toll.
Sie sind gerade erst 38 Jahre! Wohin geht es noch mit der Master of Wine Romana Echensperger?
Wenn ich eines in meinem Leben weiß: Der Mensch denkt und Gott lenkt. Ich habe mir abgewöhnt richtige Superpläne zu machen. Ich habe ein großes Ziel erreicht, aber was da jetzt kommt kann ich nicht abschätzen. Es kann etwas kommen, woran ich heute noch gar nicht denke – da bin ich völlig offen. Ich möchte aus dem Erreichten etwas machen. Dazu muss ich keinen Rolls Royce fahren oder eine Rolex am Handgelenk tragen. Ich möchte mein Geld solide verdienen, mit viel Lebensfreude. Dazu Freunde und Familie – das alles gehört zum Leben für mich dazu.
Reinhard Löwenstein sagt: Wein ist kein Naturprodukt, Wein ist ein Kulturgut! Haben Sie abschließend einen Wunsch für den Umgang mit Wein und mit deutschem Wein insbesondere?
Ich gebe Reinhard Löwenstein da völlig recht. Der Mensch macht den Wein und beeinflusst ihn. Wein ist ein Ausdruck unserer Kultur, wie wir leben wollen. Wein ist wie Kunst, Musik und Literatur nicht lebensnotwendig. Wir brauchen ihn nicht zum Leben – aber er spült den Staub des Alltags von unseren Seelen.
Mein Fazit: Romana Echensperger, eine Frau mit viel Leidenschaft, Humor und Charme – es waren geist- und genussreiche Stunden mit ihr. Wir haben viel und laut gelacht. Ich hoffe, dass unsere Leser ebenso viel lachen können wie wir es getan haben.